Dezentral und mit hohem Datenschutz. Das muss doch jetzt die Blockchain-App sein! Oder?
Die Bundesregierung hat sich endlich für eine Corona-App zur Nachverfolgung von Infizierten und Ansteckungen entschieden, die im Mai 2020 starten soll. Dabei werden aus Datenschutzgründen Daten von Nutzern, ihren Gesundheitsdaten und Kontakten nur lokal auf dem Handy gespeichert. Dezentral also. Das muss dann jetzt aber doch endlich ‚mal die App auf Blockchain-Basis sein, auf die wir seit Wochen warten.
Blockchain – Basis von Bitcoin
Noch ‚mal kurz zur Erinnerung: Bei der Blockchain werden Informationen nicht auf einem zentralen Server gespeichert und verarbeitet, sondern in einer öffentlich einsehbaren Datensatzkette (Blockchain).
Beispiel Bitcoin: Jeder Bitcoin-Kauf und -Verkauf, jede Überweisung, die jemals getätigt wurden, werden verschlüsselt in dieser Blockchain als eine Art Kontobuch des gesamten Zahlungsverkehrs gespeichert, und zwar bei allen Bitcoin-Nutzern („verteilt“ oder dezentral).
Das klingt gut, denn es gibt keinen zentralen Server, der gehackt werden kann. Es gibt keine zentrale Instanz, die meine persönlichen Daten, Informationen oder Beziehungen für Ungewünschtes auswerten kann. Kein Google-Server, der meine Gesundheitsdaten an Versicherungsunternehmen verkauft, kein Staat, der die Daten für eine Totalüberwachung nutzt.
Kein Wunder also, dass die Blockchain-Technologie beim Thema Corona ständig hochschwappt.
Es wird diskutiert, ob
Patrick Hansen, Referent für die Blockchain beim deutschen Digitalverband Bitkom, zum Thema Blockchain im Corona-Einsatz: „Ich habe gelesen, dass in China Blockchain-Systeme aufgesetzt wurden, um Patientendaten zu verwalten, auszutauschen und zu tracken. Bislang – soweit ich weiß, noch nicht live – arbeitet die Weltgesundheitsorganisation (WHO) zusammen mit Technologie-Partnern wie IBM und anderen an einer eigenen Blockchain-Plattform, bei dem es auch um Austausch von Gesundheitsdaten gehen soll.“
Es wird also viel diskutiert und geschrieben. Bislang wird weltweit aber noch keine Blockchain-App zur Bewältigung der Corona-Epidemie genutzt. Patrick Hansen:
Es gibt Ideen, es einzusetzen zur transparenten Nachverfolgung in Lieferketten von Arzneien und Medizingeräten. Und dann wurde auch schon debattiert, ob Blockchain-basierte Systeme vielleicht eingesetzt werden können dafür, um Soforthilfen direkt an die Bürger zu bringen. Diskutiert wird auch der Einsatz von Blockchain zur sicheren Identitätsbestätigung, wenn es beispielsweise darum geht, infizierte und geheilte Corona-Patienten klar zu bestätigen und das Ganze über ein Blockchain-System abzubilden.“
Um etwas Ähnliches geht es ja bei der jetzt gewählten Corona-App.
Dann wäre die erst 2025 fertig.
Also: Ist denn die jetzt beschlossene Corona-App auf Blockchain-Basis?
Klaus Lohmann, IT-Experte: „Nein! Dann wäre die erst 2025 fertig. Die persönlichen Daten werden jetzt lokal auf jedem einzelnen Smartphone gespeichert, dann nur noch die anonymen „Krankmeldungen“ zusammen mit den Handynummern auf zentralen Servern gesammelt und von denen an die Handynummern in der unmittelbaren Nähe (Sende-/Empfangsmast) gesendet. Hier Blockchain zu nutzen, wäre zu kompliziert.“
Ein Mauerblümchen namens Blockchain
Und dann gibt es noch etwas, das gerne vergessen wird: Das Recht auf Vergessen.
Die Blockchain, die Datensatzkette mit allen Vorgängen und Transaktionen muss – wie bei der Buchhaltung – lückenlos sein. Man kann nachträglich keine Datensätze löschen.
In der EU hat jeder Bürger das Recht auf Vergessen, auf die Löschung einmal gespeicherter Daten. Und das geht nun einmal nicht mittels Blockchain-Methodik. Dieses Datenschutz-Problem der Blockchain ist nicht lösbar.
Auch bei Corona gilt: Schade, schon wieder nicht Blockchain.
Die Blockchain – ein Mauerblümchen Neuer Technologien?